Das Festival


Vom 7. - 11. November 2007 hat in Wien 8 erstmals ein Mittelamerikanisches Filmfestival statt gefunden.

Mittelamerikas Kultur besteht nicht nur aus Musik, Tanz, Bars und Rum. Unter schwierigen politischen und ökonomischen Bedingungen hat sich eine eigenständige audio-visuelle Produktion entwickelt. Nach zögerlichen Anfängen, die im vergangenen Jahrhundert auch durch die Filmindustrie Nordamerikas und Mexikos stark beeinflußt wurde, hat sich in den vergangenen Jahren eine eigenständige Strömung des mittelamerikanischen Films herausgebildet, und es entstanden sowohl interessante Spiel- als auch Dokumentarfilme, die in Europa noch weitgehend unbekannt sind.

Diesem Mangel wollte das hier vorgestellte Filmfestival abhelfen.

Lateinamerika ist “in”: nicht nur in Wien, in allen Ländern der EU wird zu lateinamerikanischer Musik getanzt, lateinamerikanische Bars und Restaurants sind beliebt wie nie und die lateinamerikanische Küche ist vielseits bekannt. Aber wie sieht es mit dem lateinamerikanischen Film – speziell aus den Ländern Mittelamerikas – aus? Der kulturelle Reichtum findet nur in wenigen Ländern gebührende Aufnahme in das Medium Film, etwa in Kuba, Mexiko und Brasilien, wohingegen die Länder Mittelamerikas in der Vergangenheit hauptsächlich mit Nachrichten über Gewalt, Bürgerkriege und Naturkatastrophen in europäischen Medien erwähnt wurden. Trotzdem gibt es den mittelamerikanischen Film, er ist lebendig und eindrucksstark, und er soll nun auch international bekannter gemacht werden.

Der 8. Wiener Gemeindebezirk ist “in”: nicht nur die JosefstädterInnen sondern auch BewohnerInnen anderer Bezirke schätzen den “8.” als Bezirk für nette Lokale, Kultur und Theater, sogar österreichische Filmproduktionen beschäftigen sich mit diesem Bezirk. Aber leider existiert im Achten kein ernstzunehmendes Kino, das Leute inspirieren und für anspruchsvolle Filme interessieren könnte. Trotzdem gibt es gerade im 8. ein interkulturell und politisch interessiertes Publikum, das dafür offen ist.

Das I. Mittelamerikanische Filmfestival wollte die beiden Ebenen miteinander verbinden: es hat hochwertige Filme aus Mittelamerika nach Wien in den 8. Bezirk gebracht, wo es als Teil der “Vision Film” ein interessiertes Publikum zum Zusehen, Nachdenken, Diskutieren und Vernetzen anregte und ein reales Bild von Mittelamerika vermittelte.

Hintergrund
Papaya Media Association organisierte in Zusammenarbeit mit der guatemaltekischen “Casa Comal”, dem Mittelamerikanischen Film-Festival ICARO, der Filmkommission von Guatemala und mit unabhängigen ProduzentInnen und Regisseuren ein 5-tägiges Filmfestival in Wien, um mittelamerikanische Dokumentar- und Spielfilme vorzustellen.

Die audiovisuelle Produktion der mittelamerikanischen Region ist außerhalb Amerikas wenig bekannt. Sie begann bereits zu Beginn des vorigen Jahrhunderts, war jedoch vor allem in der Anfangszeit mit mangelhaften wirtschaftlichen und technischen Möglichkeiten ausgestattet. In späteren Jahren ist der Einfluss der Filmindustrie sowohl Nordamerikas als auch Mexikos auf die Region eindeutig erkennbar. Trotzdem hatten auch die aus Europa stammenden Tendenzen großen Einfluss, die über die verschiedenen Kulturzentren und Kulturinstitute in jedes Land der Region Einzug hielten. In den letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts trugen die Schaffung des nationalen Instituts für Kino in Costa Rica und des Instituts für Kino im sandinistischen Nicaragua zum Entstehen eigener Strömungen bei, die sich mit der nationalen Wesensart jedes Landes identifizieren.

In den letzten Jahren sind weitere lokale Initiativen entstanden, die die filmische Produktion der Region unterstützen und bekannt machen. Beispielhaft sind hier die „Casa Comal“ in Guatemala und das Film-Festival „ICARO“, ein Filmfestival, das jährlich in Guatemala Stadt veranstaltet wird, sowie die Initiative „CINERGIA“ in Costa Rica.

Diese Entwicklung hat zu einer gesteigerten Produktion von Spielfilmen und Kurzfilmen geführt, aber auch Dokumentarfilme und Trickfilme werden vermehrt produziert. Es entstand ein neues Selbstbewusstsein des mittelamerikanischen Films.

Trotz dieser Erfolge muss erwähnt werden, dass in der Region die notwendige institutionelle Unterstützung für Filmschaffende fehlt. Obwohl in den Ländern der Region einzelne Einrichtungen zur Filmförderung existieren, ist deren finanzielle Ausstattung und somit die Möglichkeiten einer Unterstützung für Filmschaffende und Filmproduktionen minimal.

In Österreich gab es in der Vergangenheit einige Filmfestivals und Filmtage, die das lateinamerikanische Kino im Allgemeinen vorstellten. Darin waren teilweise auch einzelne mittelamerikanische Filme beinhaltet, die jedoch aus verschiedensten Gründen im Vergleich zu kubanischen, mexikanischen, brasilianischen oder chilenischen Produktionen einen geringen Raum einnahmen. Das I. Mittelamerikanische Filmfestival konzentrierte sich erstmals ausschließlich auf Filme dieser Region, um der Qualitätder Filmproduktion der Region Raum zu geben, sowie der Kreativität und Vielseitigkeit der lokalen Filmemacher gerecht zu werden.

Die Filme, die im Rahmen des Festivals präsentiert wurden, behandeln Themen des Alltags und der jüngeren Vergangenheit von Guatemala, Nicaragua, El Salvador, Costa Rica, Panama und Belize. Die Problematik des Bürgerkrieges in Guatemala, die Situation von Homosexuellen, die Konsequenzen der Freihandelsabkommen, die Kreativität von diskriminierten Frauen … das sind nur einige der Themen, die in den gezeigten Spiel- und Dokumentarfilmen behandelt wurden.